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Zum Ende der Seite springen Das Parfum
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LX LX ist männlich
El Comandante en Jefe


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Dabei seit: 25.11.2001
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Herkunft: Berliner Bronx

Achtung Das Parfum       Zum Anfang der Seite springen

Patrick Süskind hat sich ja lange dagegen gewehrt, die Rechte an der als unverfilmbar geltenden Geschichte Das Parfüm zu verkaufen, nun fragt man sich, was ihn wohl dazu bewogen haben könnte, es doch zu tun... Vom Buch nun nicht übermäßig beeindruckt habe ich mir nun vor ein paar Tagen das Resultat in Filmform angeschaut.

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Die Story dürfte hinlänglich bekannt sein, da das Buch auch auf den Lehrplänen vieler deutscher Schulen steht. Kurz umrissen geht es um Jean Baptiste Grenouille (Ben Wishaw), seines Zeichens Jungfrauenmörder mit einer Passion für Gerüche auf der Suche nach dem perfekten Duft. Erzählt wird seine Lebensgeschichte von der Geburt auf einem Pariser Fischmarkt bis zu dessen Tod.

Die Buchvorlage strotzt nur so vor Beschreibungen von Gerüchen, Landschaften, Empfindungen, dafür gibt es kaum Dialoge, nur ein allwissender Erzähler führt durch die Handlung. Man durfte also gespannt sein, wie das ganze auf Zelluloid wirkt.

Etwas polemisiert, aber doch passend könnte man sagen: Es wirkt nicht. Dass die Geschichte einen Erzähler braucht, wurde zwar bedacht, doch dieser wird nur spärlich eingesetzt und dafür zahlreiche Dialoge inszeniert, die zwar die Handlung einigermaßen erklären, die Beweggründe der Protagonisten aber zumeist im Dunkeln lassen. Warum ist Richis (Alan Rickman, farblos) so versessen darauf, seine Tochter Laura (Rachel Hurd-Wood, Hauptqualifikation rote Haare) an einen dahergelaufenen Adligen zu verhökern? Warum schnüffelt Grenouille an sich herum, stellt fest, dass er nicht riecht, geht sich dann aber im Regen duschen? Wie landet er überhaupt von einem Augenblick auf den nächsten von seiner Höhle in einem Arbeitsverhältnis in Grasse? Wie schafft es der zierliche Grenouille, eine erwachsene Frau allein in den Blütenkocher zu wuchten? Warum wurde bei der Verfilmung des Stoffs, der weniger durch Action als durch Erzählweise beeindrucken konnte, ausgerechnet an letzterer auch noch gespart? Warum zählt der Film als teuerste deutsche Produktion, wo doch außer dem Mirabellenmädchen (Karoline Herfurth) keine nennenswerte Rolle von einem deutschen Darsteller besetzt wurde? Fragen über Fragen, die man sich wohl lieber nicht stellen sollte.

Der Film hat dennoch einige Höhepunkte. Sehr gelungen fand ich die Darstellung des Parfumeurs Baldini (Dustin Hoffman), der durch seine Mimik dem Zuschauer als eigentlich einziger Sympathieträger im Gedächtnis bleibt. Die Kindheit Grenouilles ist ebenfalls zwar sehr kurz, aber recht solide in Szene gesetzt. Die Aufnahmen in den Pariser Straßen wurden mit Liebe zum Detail umgesetzt, Gerüche werden zumindest versuchsweise durch schnelle Schnitte und Assoziationen impliziert. Grenouille selbst wird von Wishaw zwar nicht überragend, aber immerhin überzeugend dargestellt. Zur Rechtfertigung muss man allerdings sagen, dass es an der Vorlage liegt, dass der Stoff ohne einen Helden, mit dem man mitfiebert, auskommen muss.

Leider geht der Film mit dem Ende Baldinis ebenso baden wie dessen Behausung. Es folgen diverse Längen, in denen man zu keiner Person mehr wirklich einen Bezug herstellen kann. Gelegentlich gibt es Flashbacks zum Mirabellenmädchen, die mir aber zuweilen eher vorkamen, als wolle man dem Zuschauer zur Abwechslung mal wieder ein paar Brüste präsentieren, weil ansonsten ja gerade nichts spannendes passiert.

Sehr schade fand ich, dass der Marquis de la Taillade-Espinasse komplett gestrichen wurde, hier wäre durchaus Potenzial gewesen, Baldini einen humoristischen wie auch schauspielerischen Ausgleich gegenüberzustellen. Stattdessen wird der Rest der Handlung ausgedehnt runtererzählt, hier und da etwas länger verweilt als nötig gewesen wäre, ab und an ein dramaturgisches Element hinzugefügt (so sieht Grenouille sein letztes Opfer bereits vor dem Finale), was aber alles nicht so recht gelingen will.

Über das Ende möchte ich mich nicht zu weit auslassen. Ich empfand das bereits als die schwächste Stelle des Buches und auf Film gebannt wirkt das ganze nur noch gesteigert vom Absurden ins Peinlich-Lächerliche. Die Darsteller kamen mir vor wie auf einem Fotoshooting von Spencer Tunick, nur im Unterschied dazu leb- und lieblos arrangiert in reiner Fleischbeschau ohne Sinn und Verstand... sie könnten einem fast Leid tun.


Alles in allem eine Verfilmung, die so ist wie das Buch abzüglich dessen, was ich am Buch gut fand. Dank Hoffmans Performance und der etwas stärkeren ersten Hälfte des Films gibt's dafür immerhin


5 von 10 Punkten

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13.10.2006 03:20 LX ist offline E-Mail an LX senden Homepage von LX Beiträge von LX suchen
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Ich habe das Buch nie gelesen, aber den Film nun auch gesehen. Eindrucksvoll fand ich allein die Kulissen, die einen wirklich in die Zeit versetzen konnten und eine schöne Stimmung brachten.

Allerdings waren auch für mich viele Dinge unklar und zum Teil fand ich einiges sehr in die Länge gezogen. Man ist dabei gespannt zu schauen was passiert und die Aufmerksamkeit schwindet, durch langweilige lange nichtsagende Szenen.

Dustin Hoffman gefiel auch mir sehr Gut in dem Film.

Das Ende hat den Film dann irgendwie extrem ins Skurile gezogen und hat den Film, in meinen Augen, irgendwie ins Schwachsinnige gezogen. Auch mich wirkte das Ende so skuril und bescheuert, daß mir eigendlich nur Jenes so richtig in Erinnerung geblieben ist.

Von der Beschreibung im Making of "Eindrucksvoll werden Gerüche erstmals in Szene gesetzt" habe ich nicht sonderlich viel bemerkt. Ab und zu hat er geschnuppert und dann ist die Kamera auf das jeweilige Objekt geflogen. Das hätte ich mir dann doch etwas "sinnlicher" vorgestellt.

Unter einer Frau die (laut dem Making of, ich kenn das Buch nicht, wie erwähnt) die Schönheit in Person sein soll habe ich mir auch etwas anders vorgestellt oO, aber das ist wohl ehr Geschmackssache...

Die Rückblende am Ende habe ich gar nicht verstanden.. sollte das ein Ansatz von Reue sein? Also er hätte sie lieber gevögelt, geliebt, begehrt, "life" gerochen, oder was auch immer, als gekillt? Irgendwie wurde ich daraus nicht schlau und das Ende hat mich nicht schlauer gemacht...

Der Film hat ein paar gute Szenen und man kann ihn sich mal anschauen, aber man kann es auch lassen Augenzwinkern Und das teuerste am Film waren wohl die Kulissen und Kostüme (sofern mal jemand was an hatte +g+).. aber letztendlich sehe ich auch nirgends was den Film sooo teuer gemacht hat.

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13.10.2006 05:06 HeaD ist offline E-Mail an HeaD senden Homepage von HeaD Beiträge von HeaD suchen
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